Der Vacuumcleaner und seine
Geschichte
Eigentlich könnte die Geschichte des Staubsaugers, zu Englisch „vacuum cleaner“, abgekürzt schon
im 17. Jahrhundert beginnen, denn in dessen ungefährer Mitte erfand Otto von Guericke die
Luftpumpe, deren mechanische Umkehrung später der Entwicklung des Staubsaugers diente. Aber
vorerst wurde gar nicht gesaugt.
Am Anfang des Saubermachens stand nämlich der Staubwedel. Und
etwas später wurde mit dem Universalstaubreiniger. von August
Kraushaar der Staub einfach weggeblasen und so wie mit einem
Wedel, vor allem Staub aufgewirbelt, so dass er lediglich auf der
nächsten horizontalen Fläche abgelagert wurde, bis er sich schliess-
lich nach einiger Zeit in Möbeln und Teppichen verlor.
Man sprach damals darum auch von den „verstaubten Stuben“, die
modrig nach Vergangenheit rochen. Aber für bestimmte Zwecke hat
sich das Wegblasen von Staub bis heute bewährt. Noch heute wird
in einer Werkstatt eines renommierten Pianohauses ein „Universal-Staubsauger“ eingesetzt, der
nach wie vor seine guten Dienste erweist. Er wird benutzt, um aus den letzten Ecken eines Klaviers
Verschmutzungen wegzublasen, denn in der Tat sind solche von dort nur auf diese altbewährte Art
wegzubringen.
Das eigentliche Saubermachen
begann wohl erst mit dem
Aufnehmen der
Verschmutzungen. Diese
Anfänge fanden natürlich in
Amerika statt, wo sonst. In Grand
Rapids, einer Ortschaft im Staate
Michigan, wohnte etwa um 1870
herum ein Porzellanhändler na-
mens Melville Reuben Bissell. Er
war, so wird berichtet, allergisch auf den Staub, den er beim
Auspacken seiner strohgeschützten Wahre aufwirbelte. Diese Not
machte ihn erfinderisch. Bissell erfand 1876 ein Gerät, das er phan-
tasievoll «Grand Rapids“ nannte . Es soll der erste Teppich-Roller
der Welt gewesen sein, eine Erfindung die sich bis Heute bewährt
hat und in der Zwischenzeit abgewandelt wurde, unter anderem bei-
spielsweise zum „Tisch-Brösmeli-Sammler“.
Aber Achtung! Bissells Teppichroller war keineswegs der erste Teppich-Reiniger. Dieser war schon in
den fünfziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts erfunden worden, nämlich in Form der
"Teppichkehrmaschine mit Gebläse". Diese erstmals mit Luftdruck arbeitende Maschine blies den
Staub in den Kehrichtbehälter . Am 4. Januar 1859 wurde hierfür das U.S. Patent Nr. 22488 ausge-
stellt. Und der Erfinder erläutete, dass er mit seinem Apparat die schädigende Wirkung rotierender
Bürsten ausschalten wollte, wörtlich „Die bis Heute entwickelten Teppichkehrmaschinen funktionieren
mittels einer die Teppichoberfläche berührender Bürste (…). Meine Erfindung verwendet ein rotieren-
des Gebläse anstelle der Bürste.“
Damit wird klar, dass Bissell zwar die Lorbeeren
erntete, mit seiner „Erfindung“ aber mindestens
zehn bis fünfzehn Jahre im Rückstand war, denn
der im Patent Nr.22488. erwähnte Teppich-Roller
bestand schon gegen Ende der fünfziger Jahre.
1858 wurden fünf Patente und 1859 gar neun
Patente für Teppichkehrmaschinen erteilt
Grundsätzlich ging es dabei immer um
rotierende Bürsten, die in einem klei-
Rollen eingebaut waren und auf ver-
schiedene Arten angetrieben wurden.
Während rund fünfundzwanzig Jahren
wurde kein weiteres Gerät zur
Aufnahme von Schmutz und Staub
entwickelt. Auch 1901 wurde in der St.
Pancras Station in London noch immer
geblasen – um das Rollmaterial der Midland-Bahn zu reinigen – wohlverstanden. Aber nach wie vor
war der Schmutz damit nicht beseitigt. Das erkannte damals als erster Hubert Cecil Booth
F.C.G.I.,M.I.C.E., der von 1871 bis 1955 gelebt hat. Als studierter Ingenieur war er ursprünglich
dabei, als es galt, die Maschinen für die Navy zu zeichnen und deren Errichtung zu kontrollieren.
(Das grosse Rad in Wien steht und funktioniert immer noch…) Besagtem Herrn Booth war es also
aufgefallen, dass man statt zu blasen saugen müsste. Um sich seine Vorstellungen zu beweisen, so
wird kolportiert, hatte sich Booth ein Experiment einfallen lassen. Er legte ein Nastuch auf die ver-
staubte Armlehne eines Plüsch-Sessels in einem Restaurant in Victoria Street … und saugte mit sei-
nem Mund so fest durch die Textilie, dass er dabei fast
erstickte, so wird behauptet.
Jedenfalls war das Taschentuch voller Staub und damit der
Beweis erbracht. Sofort wurde ihm finanzielle Hilfe anerboten
(es war auch damals schon keine Bank, sondern ein risiko-
freudiger „Financier“) und Booth meldete am 30. August 1901
das britische Patent Nr.17433 an, in welchem jetzt erstmals
von „vacuum cleaner“ die Rede war. Jetzt gab es mit diesem
System eine wirkliche Alternative zu Bissells lediglichem
Teppich-Roller. Booth gründete die BVC (Britisch Vacuum
Cleaner Company), die später „Goblin (BVC) Limited“ hiess
und auch elektrischer Staubsauger. herstellte.
Vorerst verkaufte Booth aber keine Apparate. Er hatte seine
benzinbetriebene Pumpe. auf einem Pferdewagen montiert (
4 ft 6 ins by 4 ft 10 ins by 3 ft 6 ins) und verkaufte seine
Dienstleistung „dustless systems for cleaning“. Seine
Mitarbeiter waren in weisse Arbeitsgewänder eingekleidet und
stiegen mit über dreissig Meter langen Schläuchen durch
Türen und Fenster in die Häuser ein, um im Auftragsverhältnis
sauber zu machen. Die vornehmen Leute in London, die
etwas auf sich hielten, arrangierten eigens Tee-Partys, zu
denen sie Booth und seine Leute kommen liessen, die mit
ihrer Tätigkeit zur Unterhaltung der Gäste beitrugen (auch diese Geschichte ist aus zahlreicher
Literatur historisch belegt…).
Andere allerdings – die böse Konkurrenz – missgönnte Booth sein Geschäft. Sie begannen mit der
Produktion von „vacuum cleaner“, die von Hand oder mit den Füssen zu betätigen waren und direkt
an die Haushalte verkauft werden konnten.
Dieser aufkommenden Konkurrenz begegnete Booth wiederum mit der
Herstellung des Trolley Vac. (siehe ähnliches Modell Abbildung) den er
1906 auf den Markt brachte. Der ziemlich schwere Elektromotor machte
den eher grossen Kasten einigermassen unhandlich. Booth hatte den
Saugschlauch eigens mit einem Schauglas versehen , so dass auch
Skeptiker sich visuell überzeugen konnten, dass da wirklich Schmutz und
Staub durchflitzte. Mit dem „Trolley Vac“ wurde ein halbes Dutzend zusätz-
licher Bestandteile geliefert und dazu eine detaillierte
Gebrauchsanweisung. Doch das Gewicht blieb ein gewaltiges Handicap.
Die Zimmermädchen hatten schon Mühe, das kleine Monster in den
Räumlichkeiten umherzustossen. An einen Transport über Treppen war gar
nicht erst zu denken.
Die von der Konkurrenz gebauten Staubsaugen wurden von einer oder
zwei Personen von Hand oder mit den Füssen betrieben, waren leicht im
Gewicht und einfach zu bedienen. Oft wurde ich gefragt, ob diese Geräte
denn auch wirklich mit einer gewissen Wirksamkeit saugten. Klar, nach vie-
len Jahrzehnten sind die Dichtungsringe eingetrocknet und spröde, so dass die Saugwirkung natür-
lich reduziert ist. Trotzdem merkt man, wenn man die Apparate betätigt, am Schnauben und
Schnaufen, dass ihnen eine damalige Wirksamkeit nicht abgesprochen werden kann. Wie schon ge-
sagt, wurden die VC`s teilweise von zwei Personen betrieben. Die eine drehte oder kurbelte oder trat,
während die andere den Schlauch mit dem Saugstutzen führte. In England des beginnenden
Jahrhunderts und auch in Amerika verfügten die gehobeneren Kreise über zahlreiche
Hausbedienstete, so dass es keine Verschwendung war, gleich zwei Personen mit dem Putz zu be-
trauen. Zu dieser Zeit wurden aber auch VC`s konstruiert die von einer einzelnen Person zu betäti-
gen waren. Auch bei diesen Apparaten muss die Saugwirkung nicht unbedingt in Frage gestellt
werden. Hingegen muss die Wirksamkeit manchen Apparates in Frage gestellt werden, weil es
schwierig bis unmöglich gewesen sein muss, während des Pumpens auch den Saugstutzen noch
ruhig und flach über den Boden zu führen. Heute jedenfalls scheint es, als habe es damals viel
Übung verlangt, um sich die nötige Putz-Routine anzueignen.
Technisch gesprochen gab es bei den manuell und „pedestrell“ bedienten VC vor allem drei unter-
schiedliche Saugsysteme:
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Den Saugbalg (die Umkehrung des Blasbalges)
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Die Ventilpumpe (vergleichbar mit der Umkehrung der Wirkungsweise einer Velopumpe)
ྷ
Das Flügelrad (sozusagen die Umkehrung eines Ventilators
Alle hand- und fussbetriebenen Staubsauger wurden in der Zeit zwi-
schen der Jahrhundertwende und dem Beginn des ersten Weltkrieges
hergestellt, das heisst innerhalb von etwa 15 Jahren. Die Gründe
dafür gehen aus dem bisher Gesagten hervor. Schon zu dieser Zeit
entstanden die ersten elektrifizierten Apparate, das heisst herkömmli-
che VC, die von einem Elektromotor mittels Zahnrad und Kette betrie-
ben wurden. Diese viel zu schweren Möbel hatten keinen Bestand,
weil sie zu unbeweglich waren. Aber die Elektrizität hatte trotzdem
ihren Einzug bei den Staubsaugern bereits gehalten und ihr
Durchbruch wurde lediglich durch den vierjährigen Weltkrieg verzö-
gert. Schon 1907 hatte nämlich J. Murray Spangler von Beruf Pförtner
aus New Berlin in Ohio einen leichten Staubsauger entwickelt, der mit
einem redimensionierten Motor arbeitete. Sein Prototyp war von sehr
einfacher Bauart. Er bestand aus einer Blechdose, einem Besenstiel,
einem alten Mehlsack und einem kleinem Motor, der die Pumpe direkt
betrieb. Es wird berichtet, das Spanglers Bastelwerk bestens funktio-
nierte und es wurde angenommen, dass der Erfinder jetzt rasch be-
rühmt und reich werden würde. Doch Spangler hatte kein Geld, um
auch nur eine erste Serie zu bauen. Er verkaufte darum seine Rechte
an einen Hersteller non Lederwaren. Und dieser Mann hiess Hoover. Schon 1908 verkaufte Hoover
seine Spangler Apparate für 75 US-Dollar, was damals ein rechter Haufen Geld war. 1912 expor-
tierte er bereits nach Europa. Dann kam allerdings der erste Weltkrieg dazwischen. Danach aber, in
den zwanziger Jahren, wurde die Produktion von elektrischen Staubsaugern „big business“.
In Amerika hatte im Jahre 1903 ein David T. Kenney einen Staubsauger patentieren lassen. Vom
Engländer Booth wusste man dort nichts, geschweige denn von den früheren Erfindungen aus den
Jahren 1859. Jedenfalls mussten Hersteller von VC für das Kenney-Patent Lizenzgebühren bezah-
len, denn die grundlegenden Rechte, die sich der Erfinder patentrechtlich erworben hatte, wurden
von den Gerichten bestätigt.
Im Laufe der rund fünfzehn Jahren zwischen 1900 und dem ersten Weltkrieg wurden die erstaun-
lichsten und teilweise kurligsten Staubsauger-Modelle entwickelt und hergestellt. Die Abbildungen in
diesem Bericht zeigen einige davon.
Auf Grund von Hinweisen aus der Literatur und auch Fotokopien von
Patentschriften weiss der Sammler, dass einst die Gesellschaft Maguire
and Catchell in Dublin von ihrem Wizard. – Modell für den amerikanischen
Markt eine spezielle
Anfertigung auf der Basis
eines Schaukelstuhls ent-
wickelt hat. Ob er wirklich
hergestellt wurde und je-
mand einen solchen be-
sitzt, ist dem Verfasser
nicht bekannt.
Übrigens liessen auch in
Amerika Emil und
Hermann Behringer. am 18. Februar 1909 unter der
Patent Nr. 11413. einen Schaukelstuh Staubsauger. pa-
tentieren: ---„one object of our invention ist he provision
of a vacuum cleaner which shall comprise a base carry-
ing a suction apparatus, a seat pivotally mounted upon
the base and connected with the suction apparatus, and
a dust collector communicating with the suction
apparatus”…..