Das Erdölzeitalter

Der Weg ins Erdölzeitalter

Bekannt ist es seit der Antike, aber die eigentliche Geschichte des Erdöls beginnt erst Mitte des 19.

Jahrhunderts in den USA. Es ist das Zeitalter der beginnenden Industrialisierung. Kohle ist der

Treibstoff der Epoche, Erdöl nur ein Rohstoff unter vielen. Hauptsächlich als Schmiermittel findet es

Verwendung. Erst als sich 1854 herausstellt, dass sich aus dem Öl, das in den Wäldern

Pennsylvanias aus dem Boden quillt, ein vorzügliches Leuchtöl destillieren lässt, wendet sich das

Blatt. Ein gigantisches Geschäft scheint möglich – unter der Voraussetzung, dass sich der Stoff in

ausreichender Menge fördern lässt. Man kommt auf die Idee, es mit einer Technik zu versuchen, die

bisher nur zur Salzgewinnung bekannt war: dem Bohren.

Das "neue Licht": Siegeszug des Petroleums 

1859 haben die Bohrungen endlich Erfolg. Ein wahrer Ölrausch

setzt ein, die Nachfrage nach dem neuen Leuchtstoff Petroleum

explodiert. Im gleichen Jahr produzieren in den USA 34 Firmen

Petroleum mit einem Umsatz von 5 Millionen Dollar. Zehn Jahre

später leben in Pennsylvania bereits 60.000 Arbeiter vom Öl.

Raffinerien entstehen, das Öl-Geschäft l wird zum ersten Big

Business der Weltgeschichte. Doch gegen Ende des

Jahrhunderts scheint plötzlich alles vorbei zu sein. 1876 hatte

Thomas A. Edison die Glühbirne erfunden. Das saubere und si-

chere elektrische Licht erlebt einen Triumphzug. Öl ist als

Leuchtstoff immer weniger gefragt. Schon bald gehen die Preise

erheblich zurück, das Geschäft mit Erdöl stagniert.

Der Verbrennungsmotor: Aufstieg des Benzins

Bereits im Jahr 1876 hat der deutsche Ingenieur Nikolaus

August Otto den Verbrennungsmotor entwickelt. Auf die Idee,

damit ein Fahrzeug anzutreiben, kommt allerdings erst sein jun-

ger Mitarbeiter Gottlieb Daimler. Er baut den ersten mit Benzin

betriebenen Motorwagen, zeitgleich mit seinem Konkurrenten

Carl Benz. Lange Zeit ist der Benzinmotor gegenüber Dampf-

und Elektrowagen im Nachteil. Doch 1908 bringt der amerikani-

sche Fabrikant Henry Ford das T-Modell auf den Markt. Das

Automobil steigt zum kommerziellen Massenprodukt auf und

damit steigt auch die Nachfrage nach dem bisherigen

Nebenprodukt Benzin rasant: Im Jahr 1910 ist sie zum ersten

Mal höher als die nach Kerosin.

1. Weltkrieg: Erdöl als strategischer Rohstoff

1914 bricht in Europa der 1. Weltkrieg aus: Es ist der erste

Krieg, in dem Erdöl als Machtfaktor zum Tragen kommt. Zwar

ruht die Hauptlast des Truppen- und Materialtransportes an-

fangs noch hauptsächlich auf der Muskelkraft von Mensch und

Tier. Im Verlauf des Krieges erweist sich der Grad der

Motorisierung jedoch immer mehr als kriegsentscheidend. Vor

allem der Einsatz benzingetriebener Panzer verändert die

Kriegführung grundlegend. Bereits vor dem Krieg haben die

Briten ihre Flotte auf Öl umgestellt: Sie ist mobiler als die mit

Kohle betriebene deutsche Flotte. Die Alliierten gewinnen den 1.

Weltkrieg nicht zuletzt dank ihres besseren Zugangs zum Öl.

Die automobile Gesellschaft: Start ins Benzinzeitalter

Nach dem Krieg entbrennt der Kampf ums Öl weltweit. Der

Nahe Osten wird zum Hauptschauplatz der Suche nach dem

"schwarzen Gold", schließlich wächst die Nachfrage nach

Benzin: Mitte der 20er Jahre ist die Autoindustrie in den USA

auf Platz eins vorgerückt. 1929 gibt es hier bereits 23 Millionen

Automobile, über sechs Mal so viel wie noch 1916. 1929 wer-

den allein in den USA 2,58 Millionen Barrell Öl pro Tag ver-

braucht, 85 % davon für Benzin und Heizöl. Im gleichen Jahr

gibt es in den USA 143.000 Drive-In-Tankstellen. Eine neue

Zivilisation bricht sich Bahn: die der motorisierten Gesellschaft.

Mit dem Auto wird auch das Erdöl endgültig zu dem Treibstoff

des neuen Jahrhunderts.Jakob Kneser

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